Interview mit dem Befreiungstheologen Betto

Jahrzehntelang wurden die Befreiungstheologen vom Vatikan gemaßregelt. Mit dem neuen Papst erhalten sie wieder neuen Aufwind. "Es gibt viele Übereinstimmungen mit Franziskus", meint Frei Betto, ein führender Vertreter der brasilianischen Befreiungstheologie, im Interview mit ARD-Korrespondent Tilmann Kleinjung.

tagesschau.de:
Die Brasilianer sind begeistert von diesem Papst aus Argentinien. Sie auch?

Frei Betto:
Ich auch! Sehr begeistert! Zuerst einmal, weil er sich Franziskus genannt hat. Das ist ein symbolischer Name. Franz von Assisi hat ja den Kapitalismus kritisiert. Er hat sich für die Armen entschieden und war ein Verteidiger der Umwelt. Heute würde man sagen: Er war die große ökologische Figur der Kirche. Und er hat sich bereit erklärt, die Kirche zu reformieren. Außerdem bin ich glücklich über Papst Franziskus, weil er ebenfalls eine Reform der Kirche und eine Reform des Papstamtes begonnen hat. Seine Amtsführung ist doch ganz anders als die von Johannes Paul II. oder Benedikt XVI.

tagesschau.de:
Franziskus hat beim Weltjugendtag die katholische Jugend dazu angestiftet, in der Kirche für Unruhe zu sorgen. Glauben Sie, dass unter diesem Papst möglich ist, was lange unmöglich schien: ein Ende des Zölibats, mehr Rechte für Laien, innerkirchliche Reformen?

Betto:
In 2000 Jahren ist in der Kirche viel verändert worden. Ich selbst habe noch erlebt, dass die Priester mit dem Rücken zu den Gläubigen die Messe zelebrierten. Und ich erwarte weitere Veränderungen. Denn entweder ändert sich die Kirche oder sie wird keine Zukunft mehr haben. Die Jugend von heute akzeptiert nicht, dass eine Institution ihnen den Gebrauch von Kondomen verbietet, dass man keinen Sex vor der Ehe haben darf und dass Sexualität in der Ehe nur der Fortpflanzung dienen darf.

Quelle http://www.tagesschau.de/ausland/interview-betto100.html

Und, nun? Was hat sich seitdem in der Katholischen Kirche spürbar verbessert? Leider nicht wirklich viel.

Franziskus redet viel, wie der Tag lang ist. Handeln tut er aber allenfalls unwesentlich.

Als Nichtkatholik frage ich mal ganz provokativ und ohne Katholiken beleidigen zu wollen: Hat sich da überhaupt etwas zum Positiven verändert?
Die Ansichten des Papstes wie auch seiner beiden Vorgänger Benedikt und Johannes Paul zu den Themen Homosexualität, Abtreibung, Empfängnisverhütung, Fortpflanzung usw. gehören doch eher ins Mittelalter als in die heutige Zeit.

Dass sich die röm./katholische Kirche ändert, da könnt ihr lange drauf warten.

Die wird so bleiben wie sie ist und die Päpste ändern da auch nichts daran.

Zitat von gri1su im Beitrag #3

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Als Nichtkatholik frage ich mal ganz provokativ und ohne Katholiken beleidigen zu wollen: Hat sich da überhaupt etwas zum Positiven verändert?
Die Ansichten des Papstes wie auch seiner beiden Vorgänger Benedikt und Johannes Paul zu den Themen Homosexualität, Abtreibung, Empfängnisverhütung, Fortpflanzung usw. gehören doch eher ins Mittelalter als in die heutige Zeit.

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Natürlich sind Reformen nötig. Aber wie sollen sie funktionieren? Wir sehen es im weltlichen Raum doch auch. Seit Ewigkeiten wird von einem Abbau der Bürokratie gesprochen. Geschehen ist nichts. Im Gegenteil.
Außerdem frage ich mich, warum immer alles so schnell auf das Thema "Sexualität" heruntergebrochen wird. Gut, ich bin alter Lutheraner. Luther soll mal gesagt haben: "In der Woche drei bis vier schaden weder ihm noch ihr." Außerdem meinte er, die Ehe wäre "ein weltlich Ding".
Vieles hat sich bei den Kirchen geändert. So sind sie doch recht deutlich im linken politischen Spektrum gelandet. Sie gendern, sie biedern sich beim Islam und weiß der Geier, bei wem noch an. Alles Dinge, die, m.E. den Kirchen nicht wirklich gut tun.
Gert

Zitat von Hekate im Beitrag #5

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Zitat von gri1su im Beitrag #3

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Als Nichtkatholik frage ich mal ganz provokativ und ohne Katholiken beleidigen zu wollen: Hat sich da überhaupt etwas zum Positiven verändert?
Die Ansichten des Papstes wie auch seiner beiden Vorgänger Benedikt und Johannes Paul zu den Themen Homosexualität, Abtreibung, Empfängnisverhütung, Fortpflanzung usw. gehören doch eher ins Mittelalter als in die heutige Zeit.

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Ich bin Katholik und fühle mich durch die Frage nicht beleidigt.

Es hat sich gar nichts verändert. Und ja - wir stehen da immer noch auf dem Stand des Mittelalters.
Was ich wirklich schade finde, denn die Kirche hätte Reformen bitter nötig.

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Warum sollte ich als Katholikin beleidigt sein? Ich bin doch nicht wegen einer anderen Meinung beleidigt.

Vielleicht ist die katholische Kirche ja zufrieden so wie es ist und will gar nichts verändern.

Zitat von Gert im Beitrag #6

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Außerdem frage ich mich, warum immer alles so schnell auf das Thema "Sexualität" heruntergebrochen wird.

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Überlege bitte mal, wie lange es gedauert hat, bis Frauen das Wahlrecht erhalten haben. Oder ab wann sie, ohne ihren Mann zu fragen, eine Arbeit aufnehmen durften. Eine Organisation, die fast zweitausend Jahre alt ist, ist träge. Ich gehe davon aus, das das Zölibat irgendwann verschwindet. Die Zulassung von Frauen zum Priesteramt wird auch kommen. Die Frauenordination war, in der evangelischen Kirche, noch in den sechziger Jahren umstritten. Wie lange hat es gedauert, bis Frauen Dienst mit der Waffe tun durften?
Ich denke mal, es gibt Leute, die an alle dem arbeiten. Aber ich weiß nur zu gut, wie schwer es ist, alte Verhaltensweisen zu verändern.
Manchmal schafft man es nicht. Ein Beispiel: Ich hatte in Brandenburg zwei Gemeinden, die schon lange auf der politischen Ebene zusammengelegt worden waren. Aber die Menschen akzeptierten das nicht. Man musste dann die Kirche in der einen Gemeinde schließen, weil sie vom Schwamm befallen war. Der kommunale Friedhof wurde genau auf der Grenze zwischen beiden Ortsteilen angelegt. Aber kirchlich wollte man nicht zusammen kommen. Es lag nicht an mir oder meinen Bemühungen. Es lag an den Menschen. Sie verweigerten sich. In all den Jahren, die ich dort war, habe ich es nicht geschafft, eine gemeinsame Veranstaltung zu machen.
Wenn es schon auf dieser Ebene schwer ist, wie schwer dürfte es dann im Großen sein?
Gert

Das verstehe ich sehr gut.

Aber ist es bei der röm./katholischen Kirche denn wirklich so, dass es da zwei Parteien gibt die gegeneinander stehen?
Welche die dafür sind, dass alles so altmodisch bleiben soll und andere die viele Reformen sehen wollen?
Zeig mir diejenigen, die alles beim Alten lassen wollen? Ich glaube das sind Wenige.

Der Großteil der Gläubigen ist doch für Reformen und die Kirche der heutigen Zeit anzupassen.
Wer von den jungen Leuten wartet denn noch mit dem ersten Sex bis nach der Hochzeit?
Wer verwendet denn heute keine Empfängnisverhütung, nur weil die Kirche sagt das darf nicht sein?
Wer macht denn nur Sex um Kinder zu bekommen und danach nicht mehr?
Wer bleibt denn nach einer Scheidung den Rest seines Lebens alleine und verzichtet auf eine neue Partnerschaft?

Ich sehe, dass die Menschen doch schon lange nicht mehr mitmachen und sich an viele Regeln der Kirche nicht mehr halten.

Ich gehe stark davon aus, dass der überwiegende Teil der Katholiken gar nichts gegen Reformen hätte, sondern sie sehr begrüßen würde.

Das wirft natürlich die Frage auf, wie sinnvoll sind die Regeln der Kirche, an die sich fast eh keiner mehr hält?

Wenn es nicht an den Gläubigen liegt, dann liegt es am Vatikan.
Die Würdenträger dort werden sich nicht einig, vermute ich mal.

Es liegt natürlich nicht an dem Kirchenvolk. Die Entscheidungen werden dort ja auch nicht getroffen. Es liegt an den Theologen und, vor allem, an der kirchlichen Bürokratie. Die gibt es nämlich auch. Und ja - es gibt (wenigstens) zwei Parteien. Die Reformer und die, die es nicht mögen. Die Traditionalisten. Da war mal ein Kardinal Lefèvre. Er hatte nicht wenige hinter sich.
Gert