Tausende Obdachlose, drei Hilfseinrichtungen: Die Situation für Menschen ohne Wohnung ist in Prag katastrophal, beklagen Hilfsorganisationen. Daher schlafen viele Betroffene in der Metro. Doch dort sollen Polizisten nun auf "Geruchsstreife" gehen.

Rund um die Uhr fährt die Linie 9 quer durch die Stadt. Ganz hinten auf der letzten Sitzbank dämmern zwei bärtige Männer in ungewaschenen Kleidern. Die Fenster sind weit geöffnet doch es stinkt erbärmlich nach Schweiß, Urin und billigem Fusel. Die meisten Fahrgäste machen einen weiten Bogen um die beiden Obdachlosen. "Das ist sehr unangenehm mit solchen Menschen gemeinsam in einer Bahn zu fahren. Sie belästigen uns mit ihrem Gestank."

Nach offizieller Statistik leben rund 4000 Obdachlose in Prag. Ihre tatsächliche Zahl liegt nach Schätzung von Hilfsorganisationen jedoch weit höher. In den Nächten sind Busse und Bahnen für sie oft die letzte Rettung. Doch Bürgermeister Tomas Hudecek will die fahrenden Notunterkünfte nun für verwahrloste Obdachlose sperren: "Wenn sich diese Menschen in einem hygienischen Zustand befinden, der die anderen Passagiere abstößt, müssen wir dafür sorgen, dass dieses Problem gelöst wird."

Die Pläne für einen sauberen Nahverkehr liegen bereits auf dem Tisch. Sondereinheiten von Polizei und Sozialarbeitern werden künftig gemeinsam auf "Geruchsstreife" gehen. Wer stinkt, muss die Bahn verlassen. Nur so könne das Problem kurzfristig gelöst werden, meint der Bürgermeister: "In anderen europäischen Großstädten ist man da bereits viel weiter. In Prag hat man sich lange darum nicht gekümmert. Wir haben die Sache einfach verschlafen."

Doch der Weckruf des Prager Magistrates sorgt für Empörung bei vielen Hilfsorganisationen. Die mangelhafte Betreuung der Obdachlosen gehöre seit Jahren zu den Schattenseiten der goldenen Stadt, meint Miloslav Pipal von der Heilsarmee. Die Situation sei katastrophal. "Die Obdachlosen haben keine Alternative zu den öffentlichen Verkehrsmitteln. Es gibt für sie in der ganzen Stadt kaum Waschräume oder Übernachtungsmöglichkeiten."

Tatsächlich gibt es in der Millionenstadt Prag nur drei Tageseinrichtungen für Obdachlose. Einmal pro Woche können sie dort duschen oder ihre Kleider waschen. Viele Menschen ohne Dach über dem Kopf verzichten jedoch auf das kostenlose Angebot. Auch Honza hat keine Lust vor den Duschkabinen Schlange zu stehen. "Es stimmt schon, wir haben in den Straßenbahnen nichts verloren, weil wir stinken." Doch was die Stadt jetzt vorhabe, das sei doch keine Lösung, sagt Honza. "Was wir brauchen, ist eine ordentliche Unterkunft und eine gute Arbeit."

Trotz leerer Kassen will Bürgermeister Tomas Hudecek nun Schritt für Schritt die Betreuung der Obdachlosen verbessern. Doch im kommenden Winter wird es in Prag wieder nur Zelte am Moldauufer geben. Die warme Metro wird dagegen schon bald für die Obdachlosen zum Sperrbezirk.

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