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Die heutige Form des Leichenschmauses habe sich erst im vergangenen Jahrhundert zu einer richtigen Mahlzeit gestaltet, sagt Hillebrand. Das Speisen nach der Beerdigung hatte auch den Zweck, weit gereiste Verwandte für die Heimreise zu stärken. Außerdem mussten die Grabträger verköstigt werden, die eine anstrengende Arbeit hinter sich hatten.

Klassischerweise serviert man vor allem Deftiges. Schnitzel, Schweinsbraten oder Tafelspitz gehören zu den beliebtesten Bestattungsgerichten. Regional gibt es Unterschiede: In Schwaben werden beim Leichenschmaus Würste und Erdäpfelsalat serviert, während in Oberösterreich die Totensemmel Tradition hat – eine große Semmel, mit Anis bestreut, die zu gekochtem Rindfleisch gereicht wird.

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Leichenschaus

In meiner Gegend sind Schnitzel mit Reis und Kartoffelsalat oder Schweinsbraten mit Knödel üblich.

Ich denke, es ist, von Region zu Region unterschiedlich. Ich erinnere mich an große und kleine "Leichenschmäuse". Manche waren recht ausgelassen, denn es gab ja nicht nur speisen, sondern auch Getränke. In einer Kleinstadt ging es, bei manchen Leichen, anschließend in ein sehr nettes Kaffee. Dort gab es Baiser Torte. Die war mit recht viel Sahne und Früchten und elendiglich süß. Allerdings so gut gemacht, wie ich sie nie wieder anderenorts gegessen habe. Aber auch sogenannte Klemmkuchen mit Sahne.
Gert

Ich erinnere mich nur noch daran, dass wir, als zuerst meine Großmutter (Mutter meiner Mutter), später meine Mutter und danach mein Onkel (Bruder meiner Mutter) verstorben sind, nach deren Beerdigung in eine Caféterria gegangen sind und sich jeder bestellen konnte, was sie oder er gerne wollte.

Ich war nur froh, als ich nach "dem üblichen Leichenschmaus" am Ende wieder Zuhause war.

Zum Leichenschmaus in ein Cafe zu gehen, kenne ich nicht. Interessant dass ihr da gerne süße Sachen esst.

Hier geht es in ein Wirtshaus oder Gasthaus und es wird sehr deftig gegessen. Dessert ist nicht üblich oder nur was Kleines, Einfaches. Gert, diese Sahnetorte klingt wirklich gut, nur zu süß.

Ja, meist ging es in ein Gasthaus. Manchmal war da wirklich eine große Runde beisammen. Ich habe einige solche Runden erlebt, bei denen ganz schön gebechert wurde. Aber es wurde auch viel erzählt. Meist Anekdoten aus dem Leben des oder der Verstorbenen. Da ich immer fahren musste, habe ich mich dann bevor es zu nass wurde, verabschiedet.
Gert

Mir ist nur Streuselkuchen und Kaffee bekannt. Dazu eine lustige Geschichte, irgendwie lustig, obwohl ich das damals natürlich nicht so empfand:

Meine Oma war gestorben und es kam der Tag der Beerdigung. Ich war 17 Jahre alt. Ich kann bis heute nicht mit dem Tod umgehen und damals schon gar nicht. Meine Oma war der erste Tod, den ich miterlebte. Ich war völlig neben den Schuhen, lief herum wie im Traum. Und als Beerdigung war und die Leute dann anfingen Kuchen zu essen und sogar lachten, stand ich auf und bölkte alle lautstark zusammen, was ihnen einfiele, dass sie jetzt essen können, es eine Frechheit sei, hier auf einer Beerdigung zu lachen und ich hoffe, dass ihnen der Kuchen nicht schmeckt. Und dann bin ich abgehauen. Denn ich hatte erwartet, dass alle heulen und den Kuchen gar nicht herunterbekommen.

Ja, so unterschiedlich ist das. Als meine Oma starb war ich fünfzehn. Meine Mutter war im Krankenhaus und meine Oma sollte die Zeit in ein Pflegeheim. Das hatte einiges gekostet. Ich habe sie jede Woche besucht, war mit der Bahn ein ganz schöner Weg. Sie war blind und hat die drei Wochen nicht überlebt. Der Beerdigungskaffee war bei uns in der Wohnung.
Aber recht erinnern kann ich mich daran nicht. Ihr Leben war vollendet. Ein langes Leben, viele Jahre eines im Wohlstand, bis die Russen kamen.
Geheult habe ich nicht und wohl auch sonst niemand.
Aber eine lustige Sache fällt mir auch ein. Ich hatte eine Beerdigung in einem winzigen Kaff zu halten. Die Trauerfeier war in der Gaststätte. Anschließend ging es, im August bei glühender Sonne, zum Friedhof, idyllisch am Waldrand gelegen. War ne schweißtreibende Sache. Der Friedhof war nicht gerade benutzerfreundlich angelegt.
Die Träger mühten sich dann also, mit dem Sarg zum Grab. Märkischer Sand vom feinsten. Sie hatten einen Neuen dabei, dessen erste Beerdigung das war. Über dem Grab lagen nicht etwa Bohlen oder Metallträger, sondern zwei Knüppel. Der Neue musste Griffwechsel machen und dabei rutschte ihm der Griff aus der Hand. Sein Gegenüber konnte den Sarg auch nicht mehr recht halten und der schlug auf einen der Knüppel. Der brach durch und der Sarg fuhr aufrecht in das Loch. Um das Desaster zu vervollkommnen, sprang einer der Trauergäste "hilfreich" zu um irgendwas zu retten. Da gab der Sand nach und der Mann rutschte neben dem Sarg nach unten. Ich musste mir ein Loch in die Wange beißen, um bei dem Anblick nicht los zu lachen. Es dauerte eine Weile, bis sich alles wieder beruhigt hatte. Anschließend musste der Unglücksrabe, der losgelassen hatte, etliche Runden spendieren.
Gert

Unbedingt lustig finde ich das nicht.
Ich habe mir die Einstellungen von Pfarrern auch irgendwie anders vorgestellt...nicht gerade so, dass sie es lustig finden, wenn ein Sarg runterfliegt und der Träger gleich mit.
Aber um so einen Job zu machen, muß man wohl auch jemand ohne Mitgefühl sein, der auch nicht trauert, wenn die Oma stirbt, weil sonst so ein Job wohl zu belastend wäre.

Gewiss war es nicht wirklich lustig. Aber andererseits gibt es ja so etwas, wie unfreiwillige Komik. Das ist schon etwas anderes. Bei der Geschichte ist ja auch niemand zu Schaden gekommen.
Das ich nicht um meine Oma getrauert habe, habe ich auch nicht gesagt. Oh, ich war schon traurig. Aber, wie gesagt, ich war noch sehr jung. Trauer hat auch nichts mit laut schreien und Tränen zu tun. Als meine Mutter starb, war sie 91. Das war im Jahr 2007. Jetzt, diese Jahreszeit. Ich denke sehr oft an sie, denn sie war immer für mich da. Die letzten Monate habe ich sie gepflegt. Habe sie nachts vom Fußboden aufgelesen, habe sie gewaschen... Ich hatte ihr eine Wohnung direkt unter meinem Schlafzimmer eingerichtet.
Dann, als ich am Ende meiner Kräfte war, kam sie, mit Magenbluten ins Krankenhaus. Ich für für einige Tage weg, um endlich zu schlafen. Als ich zurück war, wurde ich ins KH gerufen. Sie hatte auf mich gewartet, wie immer, wenn ich unterwegs war. Ich hielt ihre Hand, betete das Vaterunser und sie ging. Ich habe sie beerdigt. Es war mein letzter Liebesdienst. Forest, bei wie vielen Gesprächen ich Tränen runterdrücken musste, ahnt niemand. Nein, es ist zum einen kein Job. Zum anderen braucht man sehr viel Mitgefühl, wenn man wirklich für Menschen da sein will.
Trotzdem ist es auch eine Aufgabe. Ich habe einst, 79 auch meinen Vater beerdigt, der an Krebs starb. Ich habe meinen Schwiegervater beerdigt, meine Schwiegermutter und meinen angeheirateten Opa. Es ist eine Aufgabe, Menschen die Würde zu geben.
Gewiss, die Geschichte erscheint ein wenig würdelos. Aber das gehört, in über vierzig Jahren auch dazu, das so etwas passiert. Später haben es alle mit lächeln erzählt und die Geschichte ist wohl, wie ich später hörte, in die dörflichen Legenden eingegangen.
Gert

Forest, ich verstehe das sehr gut.

Nach einer Beerdigung von einem Familienangehörigen habe ich auch nie Hunger und möchte eigentlich gar nichts essen. Da möchte ich nur heim und mich im Bett verkriechen und nichts mehr sehen und hören von dieser Welt.

Ich empfinde Begräbnisse, die vielen Leute (Dorfbewohner, Verwandte und Bekannte) als große Belastung.
Aber so muss es halt sein, dem Verstorbenen zuliebe, und da muss man durch.

Ich denke nicht, dass der Pfarrer und die Sargträger kein Mitgefühl haben wenn sie ihren Job machen.
Es wird halt zur Routine und wenn es nicht ihre eigene Oma ist, dann geht es ihnen auch nicht so nahe wie den Angehörigen.

Gert, da hast du viele gute Werke getan, in dem du Monate lang deine alte Mutter gepflegt hast
und sie und andere Familienmitglieder beerdigt hast.

Dass der Sarg hinunter fällt, das kommt gar nicht so selten vor, denke ich.
Aber dass ein Mann auch noch in das Grab hinein rutscht, das ist wirklich sehr makaber.

Bei der Beerdigung meiner Mutter im Oktober vor 5 Jahren hatte das Bestattungs-Institut einige ältere Männer als Sargträger engagiert. Als sie den Sarg in das Grab geben wollten, entglitt ihnen der Sarg und er stürzte senkrecht hinein.

Ich fand das gar nicht lustig und bin erschrocken. Unser Pfarrer drehte sich um und hielt die Hand vor seinen Mund, denn er musste lachen. Die Sargträger schauten sehr betreten drein, denn ihnen war das Missgeschick sehr peinlich.

Böse war ich aber keinem. Es ist halt passiert, keiner wollte es so haben.
Ich verstehe auch, dass es für den Pfarrer lustig war, weil die Sargträger ihren Job nicht gut gemacht haben.
Pfarrer und Sargträger wurden zum Leichenschmaus eingeladen.

Dass bei einem Leichenschmaus viel Alkohol getrunken wird, habe ich noch nicht erlebt. Der Leichenschmaus ist normalerweise eine kurze Angelegenheit. Die Leute essen und plaudern ein wenig und dann fährt man bald heim.

Rafaela, ich weiß nicht, wie oft so ein Missgeschick passiert. Aber wie ich sehe, passiert es. Natürlich ist es peinlich. Heute, wo die Grabumrandungen und all das aus Metall sind, wird es seltener passieren. Aber wo Menschen etwas tun, können Fehler passieren.
Leichenfeiern habe ich in ganz verschiedenen Ausführungen erlebt. Am ausschweifendsten war es in einigen Dörfern in der Uckermark. Und da wurde eh bei jedem Anlass gesoffen. Mehr als einmal haben die Bauern versucht, mich abzufüllen. Hier in Sachsen war es anders. Oft gab es da nicht einmal eine Kaffeezusammenkunft.
Gert

Sowas hatte ich noch nie. Nach einer Beerdigung hat man meistens eh keine Lust zum Essen.

Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob es etwas mit "Lust" zu tun hat. Ich denke, das es eher was mit Tradition zu tun hat. Man kommt zusammen, man würdigt den oder die Verstorbene, indem man das Leben Revue passieren lässt. Der Rest ergibt sich. Wenn was auf dem Tisch steht, greift der Mensch halt zu. Außerdem ist da ja auch noch die soziale Komponente. Indem man miteinander redet, teilt man ja auch die Trauer und das Missbehagen, das so ein Anlass verursacht und wird etwas lockerer. Das hilft beim Verarbeiten des Geschehens.
Ich denke, in dem Maße, indem das verloren geht, geht auch ein Stück gesellschaftliches Miteinander verloren. Etwas von dem Zusammenhalt, den wir doch eigentlich brauchen, als Menschen.
Gert

Wenn mir die Person nicht nahe stand, ginge es vielleicht. Wäre zwar ein komisches Gefühl, aber machbar. Wenn es allerdings eine nahestehende Person war, bekäme ich keinen Bissen runter.

Liebe Fussel,

ich kann mir vorstellen, dass es so ist wenn ein junger Mensch stirbt.

Aber oft ist es auch so, dass bei einem alten, sehr schwer kranken Menschen der Tod eine Erlösung ist.
So war es bei meinen Eltern. Das schlimmste war die Zeit vor dem Tod.

Da ich gläubig und spirituell bin, konnte ich mit dem Tod meiner Eltern zu recht kommen.