Sie zollen einander Respekt, aber so etwas wie Freundschaft oder gar Vertrauen gibt es nicht im Verhältnis Merkel-Putin. Stattdessen Machtspielchen sowie Gute-Miene-Gesichter. Die "Hundenummer" jedenfalls dürfte die Kanzlerin dem Kremlchef nie verzeihen.
Von Achim Wendler, BR, ARD-Hauptstadtstudio

Dass Wladimir Putin gern provoziert, hat Angela Merkel schon am eigenen Leib erfahren: 2007 besuchte die Kanzlerin den Präsidenten in dessen Sommerresidenz. Beide setzten sich neben den Kamin, rechts und links, und herein trottete "Koni", Putins schwarze Labradorhündin.

Merkel war erst einmal wie versteinert. Und später stinksauer. In den 90er-Jahren hatte nämlich "Betty" sie angefallen, der Jagdhund ihres Nachbarn in der Uckermark. Er biss die damalige Umweltministerin ins Knie. Seither hat Merkel Angst vor Hunden. Wenn sie auf Reisen geht, informiert ihr Stab im Kanzleramt den Gastgeber: "Bitte keine Hunde!"

Alle halten sich dran - nur Putin nicht. Er genoss den Moment mit der versteinerten Merkel. Auf Fotos sieht man, wie der Russe sich zurücklehnt, breitbeinig, und den Hund zufrieden angrinst.

Ein Versehen war die Hundenummer also bestimmt nicht. Sie war der Versuch, Merkel - wenigstens ganz kurz - einzuschüchtern. Und Einschüchterung ist ein Standardinstrument von Putins Machtausübung.

Wie geht man mit so einem um? Ganz persönlich? Das ist die Kernfrage für Merkel im Verhältnis zu Putin. Bisher hat sie die Frage so beantwortet, wie man das halt so macht in der Politik, zumal auf internationalem Parkett: Man bleibt höflich und zollt Respekt - auch wenn es schwer fällt.

Konkret: Zu Beginn ihrer Kanzlerschaft hatte sich Merkel bei Putin für eine Gratwanderung entschieden. Etwas kritischer als ihr Vorgänger Gerhard Schröder, aber auch nicht so kritisch, dass sie Russland oder seinem Präsidenten auf die Füße treten würde.

Das klang in der Praxis bei ihr dann immer so: "Ich glaube nicht, dass man jede Kritik als destruktiv verstehen sollte. Wir sind schon irritiert. Da sage auch ich, dass es in der vergangenen Zeit eine ganze Reihe von Gesetzen gab, bei denen ich nicht erkennen kann, dass sie dazu dienen, die freiheitliche Organisierung von Gruppen zu fördern."

Putin rächt sich für so etwas mit Machtspielchen. Einmal legt er auf dem Weg zu Merkel kurzfristig einen Zwischenstopp in Weißrussland ein, beim Autokraten Alexander Lukaschenko. In Berlin wartet die Kanzlerin. Und wartet und wartet. Putin landet anderthalb Stunden zu spät. Wieder ein Affront.

Merkels Satzgirlanden, Putins Unhöflichkeiten - Freundschaft ist jedenfalls was anderes. Insofern passt das persönliche Ideal zum Politischen. Denn das Verhältnis Merkel-Putin ist genauso heikel und künstlich wie das ihrer Länder. Keine Freundschaft, kein Vertrauen.

Die Kanzlerin erklärte: "Wir haben eine strategische Partnerschaft mit Russland." Mehr aber auch nicht. Keine Freundschaft. Keine Zuneigung. Kein Gleichklang. Und immer noch derselbe Mangel, den Putin schon 2001 beklagte - da war er gerade Präsident geworden: "In Wirklichkeit haben wir immer noch nicht gelernt, einander zu vertrauen."

Immerhin, noch hält diese "strategische Partnerschaft". Sanktionen lehnt Deutschland zum Beispiel ab, anders als seine westlichen Partner. Aber das persönliche Verhältnis von Merkel und Putin dürfte jetzt schon irreparabel beschädigt sein.

Putin habe den Bezug zur Wirklichkeit verloren, soll sie US-Präsident Barack Obama gegenüber am Telefon geäußert haben. Früher hätte Regierungssprecher Steffen Seibert dazu nur gesagt, dass er interne Telefongespräche nicht kommentiere. Heute sagt er das auch. Aber dann halt noch ein bisschen mehr: "Es ist allerdings unbestritten, dass Präsident Putin eine ganz andere Sicht auf die Ereignisse in der Krim hat als die Bundesregierung und als auch unsere westlichen Partner."

Im Klartext: Ein Fall für den Psychologen. Das ist Merkels neue Antwort auf die Frage: Wie geht man mit so einem um?

Stand: 05.03.2014 20:40 Uhr
http://www.tagesschau.de/ausland/merkel-putin116.html